Nur Mut – der Wandel ist voll im Gange
Liebe Leserin, lieber Leser,
manchmal denke ich: Die Menschheit fährt voll vor die Wand und zerstört die ökologischen und sozialen Systeme der Welt. Doch durch meine Arbeit als Nachhaltigkeitsberaterin erlebe ich, dass wir die Kurve kriegen können. Besonders viel Mut macht mir, dass die Jugend der Welt sich in der Fridays for Future Bewegung erhebt und den Politikern Druck macht, die Klimaziele einzuhalten.
Der Startimpuls dafür liegt noch nicht lange zurück: Am 20. August 2018 verweigerte die damals 15 jährige Greta Thunberg den Schulunterrichtsbesuch und protestierte wochenlang vor dem schwedischen Reichstag für den Klimaschutz.
Ich staune, wie rasant diese Bewegung seit dem 20.8.18 wächst – in Deutschland, Europa und weltweit. Immer mehr Menschen werden aktiv, nicht nur die Jugend. Auch andere Gesellschaftsgruppen wie Parents for Future, Scientists for Future oder Entrepreneurs For Future schließen sich an.
Zahlen zum „Global Climate Strike For Future“ zeigen eindrucksvoll für die zurückliegenden Monate des Jahres 2019, dass immer mehr Menschen den Ernst der Lage begreifen: (1) (2)
- März 2019: Der erste weltweite Schülerstreik fand statt. Die Organisatoren der Streiks sprachen von mehr als eine Million Demonstranten weltweit in 125 Staaten.
- Mai 2019: Weltweit nahmen laut Angaben der Veranstalter rund 1,8 Millionen Menschen teil. In Deutschland gingen angabegemäß 320.000 Menschen auf die Straße.
- September 2019: Der dritte Global Climate Strike For Future fand unter Beteiligung von noch mehr Gesellschaftsgruppen statt. Allein in Deutschland protestierten laut Veranstalter an diesem Tag rund 1,4 Millionen Menschen!
Diese fast wundersame Entwicklung erinnerte mich an einen Zeitungsartikel der „Schrot und Korn“ aus 2014, in dem der Journalist und Buchautor Dr. Geseko von Lüpke zu gesellschaftlichen Veränderungen interviewt wurde. Der dort von ihm zitierte Wandlungsprozess der Raupe zum Schmetterling ist für mich ein gutes Bild für den rasanten Wandel in der Gesellschaft, der sich auch durch die Fridays For Future Bewegung, die globalen Klimastreiks etc. ausdrückt. Hier Auszüge aus dem Interview (3):
„Schrot und Korn: Der alternative Nobelpreisträger Nicanor Perlas hat einmal den Umwandlungsprozess hin zu einer globalen Zivilgesellschaft mit der Transformation einer Raupe verglichen …
(…)
Dr. Geseko von Lüpke: Wenn sich eine Raupe in einen Schmetterling verpuppt, tauchen in seinem Körper sogenannte Imago-Zellen auf, Schmetterlingszellen, die im alten Raupen-Körper bereits die Zukunft vorausnehmen. Die erste Generation dieser Zellen wird vom Immunsystem der Raupe als Fremdkörper angegriffen und vernichtet.
Die zweite Generation wird ebenfalls attackiert, doch sie hat bereits gelernt, die Immunzellen der schwächelnden Raupe so zu infizieren, dass sie selber Imago-Zellen hervorbringen. Irgendwann schließen sich die isolierten Imago-Zellen zu Cluster zusammen, die sich wiederum über Zellstraßen vernetzen.
Dann kommt der Moment, in dem diese vielen Zukunftszellen und Zukunftscluster kapieren: Wir sind gar keine Raupe mehr, wir sind schon längst etwas anderes! Von dem Augenblick an geht es rasend schnell.
Schrot und Korn: Wenn wir dieses Bild in die Gegenwart übertragen – wo stehen wir im Moment?
Dr. Geseko von Lüpke: Bereits in der Phase der Desintegration, in der die neuen Impulsgeber allmählich dabei sind, das alte System mit ihren Ideen zu infizieren. Ich merke das, wenn ich mich auf meinen Reisen mit ganz unterschiedlichen Menschen unterhalte.
Da ist ein grundsätzlich tiefer Pessimismus und die Gewissheit: Wenn wir so weiter machen, rasen wir gegen die Wand. Die einen resignieren und sagen: Ich kann sowieso nichts machen.
Die anderen geben sich einen Ruck und machen sich auf den Weg. Gehen mittags nicht zur Currybude, sondern zum veganen Imbiss. Kaufen sich keine Bohrmaschine, sondern leihen sich eine aus. Schmeißen ihren alten Computer nicht weg, sondern bringen ihn ins Repaircafé. Oder stellen selbst irgendetwas auf die Beine.
Und merken dabei: Das Tun tut mir gut.
In Europa soll es bereits 70 Millionen Menschen geben, die ihr Leben, ihre Werte bereits neu ausgerichtet haben.“
Tipps + Kicks:
Die Einwohnerzahl Europas lag 2016 bei rund 741 Millionen Menschen. Ich kann mir gut vorstellen, dass 10 % der Europäer – also 70 Millionen Menschen – ihre Werte neu ausgerichtet haben oder gerade dabei sind. Diese Menschen haben sich innerlich bereits zu einem neuen Wesen transformiert, das im Einklang mit Mensch und Natur leben kann, die Schöpfung achtet und bewahrt.
Doch 10 % „Verwandelte“ reichen natürlich nicht. Was Du tun könntest:
- Spreche in der Familie und im Freundeskreis über Deine Werte und das, was Du tust, um Verantwortung für Mensch und Natur zu übernehmen.
- Schließe Dich mit Gleichgesinnten zu einer Gruppe (einem „Cluster“) zusammen und vernetze diese mit anderen Gruppen. Der Weckruf/Protest – insbesondere an die vielfach noch schlafenden Politiker und Konzernlenker – kann gar nicht laut genug sein.
- „Infiziere“ andere durch Dein Vorbild.
Herzliche Grüße
Elke Vohrmann
Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Fridays_for_Future
(2) https://www.stern.de/politik/klimastreik-und–fridays-for-future—der-grosse-protesttag-8912750.html
(3) https://schrotundkorn.de/lebenumwelt/lesen/veraenderung-ist-bereits-im-gange.html#page:2
Fotos: © Elke Vohrmann